Zentrale Schwabach - Aktuelle Forschungsarbeit
2014-07-01 12:02
von Administrator

Aktuelle Forschungsarbeit

Versuchsreihe zur Erhaltung der Bodenoberbeläge nach Wasserschäden

A. Vorwort

Der für die Trocknungsmaßnahme meist notwendige Austausch der Boden-Oberbeläge stellt in Anbetracht der Gesamtschadenhöhe einen nicht unerheblichen Kostenfaktor dar. Nichtsdestotrotz steht ein Erhalt des Oberbelags oft im Widerspruch zu einer technisch optimal durchgeführten Trocknungsmaßnahme. Der Erfolg von Trocknungsmaßnahmen über die Estrich-Randfuge ist nicht immer gegeben und in vielen Fällen schlicht technisch nicht möglich.

Zu beachten ist: bei größeren Wasserschäden, die zu einer starken Vernässung des Estrichbodens selbst geführt haben, muss der Bodenoberbelag in jedem Fall demontiert werden. Ein Erhalt des Oberbelags sollte immer dann in Betracht gezogen werden, wenn tatsächlich lediglich die Estrichdämmschicht vernässt ist.

Der vorliegende Kurzbericht bezieht sich auf die Schadenfälle, in denen eine Öffnung des Boden-Oberbelags unvermeidlich ist. Für genauere Beschreibungen anderer Trocknungsvarianten zum Erhalt der Oberbeläge insbesondere der Unterflurtrocknung durch die Geschossdecke sei auf die Homepage des Ingenieurbüros Tobias Ritzer unter www.wasserschaden-leckortung.de verwiesen.

Es soll ausdrücklich betont werden, dass eine Öffnung des Oberbelags stets das Mittel der letzten Wahl sein sollte.


Bild 1: Trocknungstechniker Bernhard Ochsenkühn beim Verschließen einer Trocknungsbohrung    

B. Begriffserklärungen

Der Kurzbericht befasst sich mit den folgenden Arten von Oberbelägen: Linoleum, homogener und heterogener PVC-Boden sowie CV-Boden. Oftmals findet keine eindeutige Unterscheidung dieser Bodenbeläge statt und auch die Begriffsbestimmung ist bisweilen unklar. Daher soll an dieser Stelle eine kurze Beschreibung der Bodenbeläge folgen:

1. Linoleum: Linoleum wird aus Leinöl, Naturharzen, Kork oder Holzmehl, Kalksteinpulver, Farbstoffen und einem Jutegewebe als Trägerschicht hergestellt. An dem vorhandenen Jutegewebe kann ein Linoleum immer von anderen Bodenbelägen unterschieden werden.


Bild 2: Beispiel Linoleum-Boden     

2. Homogener PVC-Boden: Der homogene PVC-Boden besteht aus einer oder mehreren Schichten mit gleicher Zusammensetzung und Farbe, das heißt der Boden weist über seine gesamt Dicke eine durchgehend gleiche Materialzusammensetzung, Färbung und Musterung auf. Der Boden ist daher gut für starke Beanspruchung geeignet.


Bild 3: Beispiel Homogener PVC-Boden    

3. Heterogener PVC-Boden: Der heterogene PVC-Boden besteht aus einer Nutzschicht und einer gefüllten Unterschicht mit einer anderen Zusammensetzung. Während die unteren Schichten stark mit Füllstoff angereichert sind, erhält die obere Schicht einen hohen PVC Anteil.


Bild 4: Beispiel Heterogener PVC-Boden    

4. CV-Boden: Der CV-Boden ist eine Unterart des PVC-Bodens mit einem hohen Schaumstoffanteil in der Trägerschicht. Der CV-Boden ist daher ein sehr weicher Boden.


Bild 5: Beispiel CV-Boden    

C. Versuchsaufbau

Um die beste Möglichkeit zur Reparatur einer der oben genannten Bodenbeläge zu erarbeiten, wurde in der Versuchshalle des Ingenieurbüros Ritzer eine eigene Versuchsreihe mit einem homogenen PVC-Boden und einem Linoleumboden aufgebaut. Das Ziel des Versuchsaufbaus war es, möglichst realistische Bedingungen in der Versuchshalle zu schaffen. Dazu wurde der Untergrund zunächst aufgeraut, anschließend grundiert und gespachtelt. Nach ausreichender Trocknungszeit wurden die Böden verlegt.

Da das zunehmende Alter zu Veränderungen des Materials insbesondere zu Verhärtung und Versprödung führt, wird ein partieller Ausbau erschwert. Für diesen Fall wurde als Versuchsmaterial ein Teil des PVC-Belags aus der Teeküche des Ingenieurbüros Ritzer entnommen. Dieser Belag ist etwa sechs Jahre alt. Der gesamte Versuchsaufbau soll nach der Testreihe auch als Übungsboden für die Mitarbeiter dienen.

D. Durchführung

Beim Herstellen der Öffnungen spielen insbesondere drei Faktoren eine Rolle: die Größe und die Form der Öffnung, sowie das hierfür geeignetste Schneidewerkzeug. In Sachen Form hat sich gezeigt, dass quadratische beziehungsweise rechteckige Öffnungen schwerer exakt herzustellen sind. Bei eckigen Formen kommt es in der Handhabung des Schneidewerkzeugs leichter zu Abrutschungen, schiefen Schnitten und Ähnlichem. Als optimal ist daher die kreisrunde Öffnung zu sehen. Als Größe ist ein Durchmesser von 160mm angemessen, da im Vergleich zu kleineren Öffnungen die Gefahr von Fehlschnitten deutlich reduziert werden kann.


Bild 6a und 6b: Optimale kreisrunde Öffnung mit 160 mm Durchmesser    

Für das Herstellen der Öffnungen werden verschiedene Schneidewerkzeuge im Test herangezogen. Alle Schneidewerkzeuge, die einen in Größe und Form den zuvor gewonnenen Erkenntnissen entsprechenden Ausschnitt liefern können, sind gleichermaßen geeignet.


Bild 7a und Bild 7b: Kreisschneide-Werkzeuge    

Von den ausgeschnittenen Bodenteilen werden Kleber und Teile der Spachtelmasse mit Schabern entfernt. Die Kleberreste werden von der Estrichoberschicht abgeschabt. Um eine möglichst realitätsnahe Simulation zu erreichen, werden zudem Trocknungslöcher in die Ausschnitte gebohrt. Diese werden im Anschluss mit einem Schnellzement verschlossen. Um eine möglichst glatte Oberfläche zu erhalten, werden die oberen 2-3 Millimeter mit einem Glättspachtel verstrichen.
Nach einer kurzen Trocknungszeit kann die Ausgleichsspachtelmasse plan geschliffen werden. Auf den Kreisausschnitt sowie den Boden wird im Anschluss daran der Bodenbelagskleber aufgetragen. Mittels Kaltschweißmittel wird die Naht dicht verschlossen. Von Bedeutung ist dabei auch, ein optisch schönes Ergebnis zu erzielen.

              
Bild 7: PVC-Öffnung mit verschlossener,  Bild 8: Auftragen des Bodenbelag-Klebers (hier bei darunterliegender Spanplatte)     
glatt gespachtelter Trocknungsbohrung
    


Bild 9a und Bild 9b: End-Ergebnis: Verschlossene PVC-Öffnung    


Bild 10a und Bild 10b: End-Ergebnis: Verschlossene PVC-Öffnung ("älterer" PVC aus der Teeküche IB Ritzer)    

E. Risiken

Gerade bei älteren Bodenbelägen besteht die Gefahr, dass der Belag aufgrund der Verhärtung beim Erstellen der Öffnung bricht. In diesem Fall kann unter Umständen ein anderer, in Farbe und Struktur ähnlicher Belag eingesetzt werden. Ist dies nicht möglich, so kann keine Reparatur in dem beschriebenen Verfahren erfolgen und der Bodenbelag muss erneuert werden.

Eine weitere Unwägbarkeit ist, dass die Spachtelmasse weit über den herausgeschnitten Bereich bricht. Auch dann wird ein Verschließen der Öffnung schwieriger.

Nicht zuletzt aufgrund der genannten Risiken ist es notwendig, dass der Trocknungstechniker, der die entsprechenden Öffnungen vornimmt und anschließend wieder verschließt über die notwendige Übung und Erfahrung verfügt.


Bild 11: Ein mangelhafter Ausschnitt erschwert das saubere Einkleben    

F. Fazit – Leitfaden für Mitarbeiter

  • Zunächst muss der genaue Durchfeuchtungsgrad des Estrichs mittels Feuchtemessgeräten bestimmt werden. Hierzu genügen einfache, kostengünstige Messtechniken wie beispielsweise die Gann Kugelkopf-Hydromette.
  • Die Platzierung der Bohrungen im Raum wird zunächst mit Klebeband markiert. Dabei ist zu beachten, dass die Bohrungen an möglichst unauffälligen Stellen auch unter Berücksichtigung des Lichteinfalls durchgeführt werden. Bereiche, die unter normalen Umständen beispielsweise durch Möbelstücke verstellt sind, sind unbedingt zu präferieren, natürlich unter der Voraussetzung des einwandfreien Funktionierens der Trocknungsmaßnahme.
  • Der Auftraggeber wird explizit auf mögliche Probleme bei dem Öffnen und Reparieren von nicht-textilen, elastischen Bodenbelägen hingewiesen. In Absprache mit dem Kunden sollte zunächst eine Probeöffnung mit Verkleben an einer wenig sichtbaren Stelle erfolgen. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, den Kunden auch darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit besteht, die Öffnung mit andersfarbigen Bodenbelägen zu verschließen.
  • Alle notwendigen Arbeiten zur Erstellung fachgerechter Öffnungen werden durch speziell geschultes Personal vorgenommen.

 

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