Brandschaden barockes Kapitelhaus Bamberg
2014-11-01 12:00
von Administrator

Brandschaden barockes Kapitelhaus Bamberg

Bei einem Feuer am 14.08.2014 wurde das Kapitelhaus der St. Stephanskirche in Bamberg massiv beschädigt. Durch die erhebliche Rauchentwicklung kam es zu großflächigen Rußbeaufschlagungen insbesondere im Dachgeschoss. Im Zuge der Löschmaßnahmen entstand eine Durchfeuchtung, die sich über mehrere Stockwerke ausbreitete. Das Ingenieurbüro Tobias Ritzer GmbH wurde in dem Sachverständigenverfahren als Fachfirma mit der Durchführung der Feuchtemessungen und der technischen Trocknungsmaßnahme sowie der Brandsanierung beauftragt. Anhand dieses Schadenbeispiels wollen wir Ihnen einige unserer speziellen Techniken und Verfahren vorstellen.

Zum Zeitpunkt des Brandgeschehens war die Sanierung des barocken Kapitelhauses in vollem Gange. Umso wichtiger war die schnelle Beseitigung des Löschwasserschadens, auch vor dem Hintergrund einen Befall der Bauteile mit Schimmelpilzen vorzubeugen.

Einzigartige Messtechnik – die Troxler Neutronensonde
Am 28.08.2014 war unser Geschäftsführer Herr Nutz vor Ort, um mittels Feuchtemessungen den durch Löschwasser entstandenen Schaden einzugrenzen. Dank der Troxler Neutronensonde, einer einzigartigen Messtechnik zur zerstörungsfreien Tiefenmessung, ist es möglich, den Durchfeuchtungsgrad der Konstruktionen bis zu einer Eindringtiefe von 300mm exakt zu bestimmen. Mittels Vergleichsmessungen kann so eine Entscheidung darüber getroffen werden, welche Maßnahmen zur technischen Trocknung erforderlich sind.

Trocknung von Lehmschlagdecken
Bei den betroffenen Deckenkonstruktionen handelt es sich größtenteils um so genannte Lehmschlagdecken. Bei diesen fehlbodenähnlichen Decken sind die Einschubbretter und Deckenuntersichten in massivem Lehm eingearbeitet. Die Trocknung dieser Decken ist mit herkömmlichen Verfahren nicht möglich. Bei Lehmschlagdecken kommt ein spezielles Verfahren zum Einsatz bei dem hohe und dennoch fein dosierte Energiemengen in Form von Wärme in die Decken eingestrahlt werden. Gleichzeitig wird von oben eine Trocknung der Hohlräume im Vakuumverfahren vollzogen. Die Trocknung selbst muss hierbei einer ständigen, messtechnischen Kontrolle unterzogen werden, um ein Schwinden und damit einen Abriss des Lehmschlages von den Deckenbalken zu verhindern.


Bild: Zur Trocknung freigelegter Lehmschlagwickel

Trocknung des Gußasphaltestrichs im Vakuumverfahren
Der Bodenaufbau im 1.Obergeschoss besteht aus Gußasphaltestrich mit Dämmung. Unter diesem Gußasphaltestrich befindet sich die eigentliche Fußbodenkonstruktion, der Fehlboden. Die Trocknung erfolgt hier ebenfalls im Vakuumverfahren. Zur Vermeidung von Kontaminationen aus Stäuben des Dämmmaterials, das sich unter dem Gußasphalt befindet, wird hier im Vakuumverfahren gearbeitet. In der ersten Phase wird das Wasser über einen Seitenkanalverdichter mit großer Leistung flüssig, in der zweiten Phase dampfförmig abgesaugt. Durch das Vakuumverfahren wird das Wasser kontrolliert aus dem Bodenaufbau abgezogen. Dadurch ist sichergestellt, dass sich das im Bodenaufbau befindliche Wasser nicht auf trockene Bereiche ausdehnt. Wird dagegen trockene Luft in den Bodenaufbau eingeblasen, kann eine Vernässung trockener Bereiche nicht verhindert werden. Die Abluft der Vakuumsysteme kann direkt nach außen geleitet werden. Schimmelpilzsporen, Mineralfaserstäube und andere Bakterien, die sich in den Bodenaufbauten abgelagert haben, gelangen im Gegensatz zu herkömmlichen Verfahren nicht in das Rauminnere. Da keine Warmluft eingeblasen wird, ist die Entstehung eines Schimmelpilzmilieus in Böden und Hohlräumen reduziert.

Zertifizierter Betrieb im Bereich Schimmelpilzsanierung
Trotz schneller Reaktionszeiten lässt sich nicht immer die Bildung von Schimmelpilzen vermeiden. Bei Durchfeuchtung kann sich innerhalb von Stunden ein mikrobieller Befall bilden. Der fachgerechten Beseitigung eines solchen Schimmelpilzbefalls wird dann höchste Priorität eingeräumt. Bei dem Kapitelhaus in Bamberg zeigte sich an den Verkleidungen und unter den abgehängten Decken Schimmelpilzbildung. Die betroffenen Rigipsverkleidungen wurden großflächig demontiert, fachgerecht verpackt und entsorgt. Geringe Schimmelpilzkontaminationen an weiteren Bauteilen wurden mit einem speziell geeigneten Schimmelpilzentferner aus dem Fachhandel auf Basis von Wasserstoffperoxid behandelt und mittels Spezialsauger entfernt. Auf diese Weise kann eine weitere Ausbreitung vermieden werden.

Ozonisierung zur Beseitigung von Schadstoffen und Geruchsneutralisation
Mittels Ozonbehandlung können nicht nur Geruchsablagerungen an Wänden und Einrichtung neutralisiert, sondern auch wirksam Schimmelpilzsporen, Keime und Bakterien in der Raumluft bekämpft werden. Im Bereich des Konzertsaals im 1.Obergeschoss wurde die Ozonisierung vorgenommen, um den Brandgeruch zu beseitigen.

Planmäßige Durchführung der Trocknungsmaßnahme
Am 29.09. wurde mit der eigentlichen Trocknungsmaßnahme begonnen. In regelmäßigen Abständen werden die Trocknungsgeräte kontrolliert, umgesetzt und die Veränderung der Feuchtigkeitsmesswerte dokumentiert. Am 06.11. konnte bereits ein Teil der Trocknungsgeräte abgebaut werden, so dass zumindest im Erdgeschoss bereits mit den Sanierungsarbeiten fortgefahren werden kann. Eine schnelle Durchführung der erforderlichen Maßnahmen kann nur durch spezielle Verfahren, hocheffiziente Geräte und kompetente Mitarbeiter gewährleistet werden. Die Maßnahmen dauern derzeit noch an und werden voraussichtlich im November 2014 fertiggestellt.

Reinigung der Dachbalken im JOS-Verfahren
Bei diesem Verfahren werden feinste Granulate – in der Regel Steinpudermehl oder Glaspudermehl, mit einer speziellen Verwirbelungsdüse auf die Oberfläche des zu reinigenden Materials aufgebracht.

Je nach Einsatz des verwendeten Strahlmaterials ist dieses Verfahren mehr oder weniger abrassiv.

Das IB Ritzer setzt hierfür ein neuartiges Druckstrahlverfahren ein, das durch die spezielle Bauart auch das Strahlen mit feinsten Granulaten ermöglicht. Durch die spezielle Bauweise sind zeitraubende und damit teure Verstopfungen des Gerätes, wie bei herkömmlichen Systemen ausgeschlossen. Die kompakte Bauweise des Gerätes sowie das relativ geringe Gewicht des Druckbehälters ermöglicht den Einsatz dieses Verfahrens auch an Orten, die früher für dieses Verfahren nicht denkbar gewesen wären. Bei Holz werden nur die zerstörten Fasern entfernt und Verfärbungen oder anderen Einflüssen auf die Objektoberfläche vermieden. Dies wird durch das gleitende und in Kreisbewegung austretende Strahlgut gewährleistet.

 
Bild: Durch Brand beschädigte Dachbalken                   Bild: Dachbalken nach dem Reinigen im JOS-Verfahren

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