Löschwasser in allen Ritzen
2012-07-12 12:57
von Administrator

Löschwasser in allen Ritzen

Noch immer werden verkohlte Balken aus Häusern in der Herrngasse in Coburg geräumt. Doch Feuchtigkeit hat in den Wohnungen mehr Schaden angerichtet als der Brand selbst. Deshalb muss getrocknet werden.

COBURG – Im Hinterhof des Hauses Herrngasse 12 in Coburg wummern Gebläse, wie sie in Volksfestzelten stehen. Orange Schläuche, dick wie Kanalrohre, leiten die warme Luft in das Gebäude. In leergeräumten Zimmern rotieren Ventilatoren. Sie halten die Zirkulation der Luft in Gang. Daneben stehen Vakuumpumpen. Aus den Geräten scheinen armdicke Schläuche zu wachsen. Sie verschwinden in kreisrunden Löchern, die in dicke, alte Fußbodenbretter gebohrt sind. Darunter lugt klatschnasser Lehmschlag hervor, der beim Hausbau in früheren Jahren ein gerne verwendetes Dämmmaterial war. Luftentfeuchter summen unter mächtigen Deckenbalken. Fachwerk steht nur noch wie ein Gerippe im Raum, selbst das kleinste Stück Tapete ist von den Wänden geschabt. Der Aufwand hat ein Ziel: die Häuser, die vom verheerenden Brand am Pfingstsonntag in Coburgs Altstadt am stärksten betroffen waren, trockenzulegen.


Bild: Trocknungstechniker Alexander Hiemer misst die Feuchtigkeit in einem Haus in der Herrngasse, das beim Großbrand in der Coburger Innenstadt am Pfingstsonntag beschädigt wurde: weniger durch Flammen als vielmehr durch Löschwasser. Derzeit werden die Gebäude getrocknet. Foto: Hans Blischke

Während Holger Apitzsch vom gleichnamigen Leipziger Montagebauunternehmen knapp sechs Wochen später noch immer verkohlte Holzbalken aus den Dachstühlen räumt, misst Trocknungstechniker Alexander Hiemer vom Schwabacher Ingenieurbüro Tobias Ritzer bei etwa 40 Grad Raumtemperatur die Luftfeuchtigkeit in den Stockwerken darunter. Flammen und Hitze haben diesen Gebäudeteilen wenig zugesetzt. Fachwerk ist nicht angekokelt, ein in Bleiglastechnik gearbeitetes, buntes Fenster in der Hitze weder geschmolzen noch geborsten.
Dagegen sind Unmengen an Löschwasser vom Dach bis in den Keller gelaufen. Wände, Decken, Fußböden, Holzbalken und Dämmmaterial haben es aufgesaugt. Bevor der Wiederaufbau beginnen kann, muss die Feuchtigkeit aus den Häusern herausgeholt werden. Dafür sorgt das Schwabacher Ingenieurbüro Tobias Ritzer. Es hat sich auf Brand- und Wasserschadensanierung spezialisiert.

Kurz nach dem Brand an Pfingsten rückten 35 Mitarbeiter des Unternehmens in Coburg an: Bauingenieure, Schlosser, Helfer. Die Versicherung hatte sie angefordert. Ihre erste Aufgabe war es, die Wohnungen auszuräumen. Noch verwendbares Mobilar wurde sortiert, registriert und verpackt. Es wird in Hallen in Schwabach gelagert, bis die vom Brand betroffenen Wohnungseigentümer wieder einziehen können. Gleichzeitig wurden Dachstühle abgetragen, Behelfsdächer errichtet, Zwischenwände herausgerissen, abgehängte Decken abmontiert, Fachwerkwände freigelegt. Und es wurden Löcher in den Fußboden gebohrt. Das alles geschah, um die Gebäude trockenlegen zu können. "Das größte Problem dabei", so Alexander Hiemer, "sind die Lehmschlagdecken. Die zu trocknen ist eine Wissenschaft für sich."
Die Geräte, die etwa 2000 Quadratmeter Fläche erwärmen und die Feuchtigkeit ins Freie blasen, sind Tag und Nacht in Betrieb. Nach Einschätzung von Tobias Ritzer werden sie wohl noch drei bis sechs Wochen laufen müssen. Das ist wichtig, um Schimmelbildung vorzubeugen, eine Grundvoraussetzung für den Wiederaufbau. Und: "Die Bewohner werden am Ende weder sehen noch spüren noch riechen können, dass sie in einem Haus stehen, in dem es gebrannt hat", verspricht Heinz Bachl, bei Ritzer der Fachmann für Brandsanierungen.
Alexander Hiemer misst die Feuchtigkeit in den Gebäuden in regelmäßigen Abständen. Dabei ist er Stunden dem warmen, trockenen Raumklima ausgesetzt. Hiemer nimmt die Belastung locker: "Man muss viel trinken. Da passen schon ein paar Liter in den Körper."

Wenn die letzten Trocknungsgeräte abgeschaltet werden, beginnt das Unternehmen von Holger Apitzsch mit dem Wiederaufbau. "Derzeit sind wir noch immer damit beschäftigt, verkohlte Balken aus den Dachstühlen herauszuholen", erklärt der Leipziger. Er geht davon aus, dass die Sanierung des Hauses Herrngasse 12 im September starten kann: "Wie vor sieben Jahren, da haben wir das gleiche Gebäude schon einmal hergerichtet.
Aber so sei nun einmal das Leben, sagt Apitzsch.
Karl Baier, Leiter des Stadtbauamts, erklärt, dass der Wiederaufbau das Erscheinungsbild des Quartiers und dessen Nutzung nicht wesentlich verändern wird. Großer Wert werde allerdings auf die Verbesserung des Brandschutzes gelegt. Baier: "Es darf nicht mehr passieren, dass Flammen von einem Dachstuhl auf den nächsten überspringen können."
Von Wolfgang Braunschmidt

Quelle: Mit freundlicher Genehmigung aus der Neuen Presse Coburg

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