Gereinigt und erneuert
2016-06-30 12:00
von Administrator

Gereinigt und erneuert

Nach dem Brand an einem Blockheizkraftwerk war schneller Einsatz gefragt

Ein Kurzschluss verursachte einen Brand am Blockheizkraftwerk eines Nürnberger Energieversorgers. Umfangreiche Rauchschäden und ein Totalschaden am BHKW-Modul waren die Folge. Aufgrund des Ausfalls des BHKW sollte schnell gehandelt werden. Weitere Schwerpunkte der Sanierung lagen auf dem Korrosionsschutz der angegriffenen Metalle und der Neutralisation des Brandgeruchs.

Die Sanierung eines größeren Brandschadens bedarf stets genauer Sanierungsplanung und fachgerechter Behebung. Am 26.03.2014 ereignete sich ein solcher folgenschwerer Brandschaden an einem Blockheizkraftwerk der N-Ergie AG Gereinigt und erneuert Nach dem Brand an einem Blockheizkraftwerk war schneller Einsatz gefragt in Nürnberg. Ein Kurzschluss an der Motorsteuerung führte zu einer erheblichen Brandentwicklung und insbesondere durch Abbrennen von PVC-Kabelisolierungen zu beachtlichen Rauch- und Rußschäden im gesamten Gebäude. An dem Gasmotor sowie am Generator einschließlich der Schallschutzeinrichtung und der Zu- und Abluftführungen entstand ein Totalschaden (Bilder 1 und 2).

Als sofortige Maßnahme zur Schadenminderung wurde das Ingenieurbüro Tobias Ritzer GmbH mit der schnellstmöglichen Beseitigung der Rußbeaufschlagungen an den blanken Metalloberflächen und mit der Sanierung der Elektro-Schaltanlagen beauftragt.


Bild 1: Außenansicht des Blockheizkraftwerks


Bild 2: BHKW - Modul nach Brandschaden

Zur Funktionsweise eines Blockheizkraftwerks

Ein Blockheizkraftwerk (BHKW) dient zur Gewinnung elektrischer Energie und Wärme. Dabei wird die Anlage vorzugsweise am Ort des Wärmeverbrauchs betrieben, kann aber auch Nutzwärme in ein Fernwärmenetz einspeisen.

Ein BHKW verfügt über einen sehr guten Wirkungsgrad der Stromerzeugung in Höhe von 80 bis 90 %, da die Abwärme direkt am Ort der Entstehung genutzt werden kann. Das Blockheizkraftwerk funktioniert nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung – siehe hierzu auch die schematische Darstellung in Bild 3.

Das beschädigte BHKW diente nicht nur zur Stromerzeugung. Mit der als Nebenprodukt erzeugten Wärme werden zudem 100 Wohneinheiten einer Nürnberger Vorortsiedlung beheizt und mit Warmwasser versorgt. Der Antrieb für den Stromerzeuger erfolgte im Schadenobjekt durch einen Erdgas-Verbrennungsmotor. Da die erforderliche Versorgung mit Warmwasser der genannten Wohneinheiten bis zur vollständigen Sanierung über konventionelle Gasheizungen erfolgte, wurde einer baldigen Wiederherstellung hohe Priorität eingeräumt.

Die äußerst aufwendigen technischen Installationen, Steuer- und Schaltanlagen sowie die Verkabelungen und Kesseleinrichtungen erschweren die Sanierung einer solchen Kompaktanlage erheblich. Deshalb sollte eine Fachfirma – das Ingenieurbüro Tobias Ritzer, spezialisiert auf die Sanierung von Brand- und Wasserschäden in Wohngebäuden und Industriebauten – den Schaden beheben.

Zur Durchführung der Maßnahmen waren während zwei Wochen fünf Mitarbeiter des Ingenieurbüros im Einsatz. Dank dessen konnten weitere Schäden insbesondere an den technischen Einrichtungen vermieden werden. Die Sanierung von technischen Einrichtungen und Geräten dieser Art stellt einen der komplexesten Bereiche der Brandschadensanierung dar. Aus diesem Grund sollten diese Schadenfälle von erfahrenen Maschinenbauingenieuren bearbeitet und begleitend kontrolliert werden.


Bild 3: Schematische Darstellung zur Funktionsweise eines BHKWs Genereller Sanierungsablauf

Bei größeren Brandschäden empfiehlt sich die Einhaltung eines standardisierten Sanierungsplans. So ist gewährleistet, dass alle relevanten Schritte trotz der gebotenen Eile berücksichtigt werden. Die Brandschadensanierung umfasst somit alle Tätigkeiten und zu ergreifenden Maßnahmen auf kalten Brandstellen. Der Begriff "kalte Brandstelle" bezeichnet die Lage vor Ort nach Ablöschen des Schadenfeuers und Auskühlung des Brandguts auf die Umgebungstemperatur.

Zunächst gilt es, sich einen überblick über die Folgeschäden des Brandgeschehens zu verschaffen. Jedes Jahr ereignen sich in Deutschland mehr als eine halbe Million Brandschäden aller Art mit einem Gesamtschadenvolumen in Milliardenhöhe. Bis vor wenigen Jahren beschränkte sich das Hauptaugenmerk auf die Beseitigung der Brandrückstände und auf die Wiederherstellung des Ursprungszustands. Heute aber ist ein wesentlicher Bestandteil bei der Durchführung der Sanierungsarbeiten die Frage nach der Entstehung und Freisetzung brandbedingter Schadstoffe und deren vollumfängliche Entfernung und sachgerechte Entsorgung (siehe [1]).

Die exakte Feststellung des Schadenumfangs und der individuellen Bedingungen vor Ort erleichtern die Erarbeitung eines geeigneten Sanierungskonzepts (Bild 4). Hierzu gehört auch die Klärung der Versicherungsfragen. Bei Brandschäden solchen Ausmaßes werden meist Sachverständige als Gutachter für die Versicherung hinzugezogen.

Im Zuge der genauen Schadenaufnahme werden alle Beschädigungen am Gebäude und an den Maschinen genauestens erfasst. Es folgt ein Aufmaß der betroffenen Flächen und eine detaillierte Bilddokumentation. In der Bilddokumentation wird der Schadenumfang festgehalten und es ergibt sich die Möglichkeit für spätere aussagekräftige Vorher-/ Nachheraufnahmen. Dabei spielt insbesondere bei der Sanierung an Maschinenbauteilen auch der Faktor "Wirtschaftlichkeit" eine ausschlaggebende Rolle.

Der genaue Sanierungsrahmen wird in enger Absprache mit allen Beteiligten, das heißt mit dem Versicherungsunternehmen, mit dem Gutachter und mit den Auftraggebern festgelegt. Unter Einbeziehung aller Kostenaspekte ist es sinnvoll, stark beschädigte Gebäude- und Maschinenbauteile zu erneuern.


Bild 4: Darstellung zur Erarbeitung eines geeigneten Sanierungskonzepts

Ablauf bei der Sanierung des Blockheizkraftwerks

Am 01.04.2014 wurde in Anwesenheit eines freien Sachverständigen – ein Experte aus dem Bereich Industrie- und Großgewerbeschäden – die sofortige Durchführung der Maßnahmen besprochen, um Folgeschäden durch Korrosion an der technischen Einrichtung der Anlage zu vermeiden. Dabei wurde der im Folgenden beschriebene Schadenablauf festgelegt.

Zur Abschottung und zur Vermeidung der weiteren Verschleppung von Rußpartikeln wurde das ausgebrannte BHKW rundum mit Holzbeplankung versehen und anschließend mit Baufolie eingehaust. In einem weiteren Schritt wurde der lose aufliegende, transportable Ruß im gesamten Heizhaus durch Industriesauger aufgenommen (siehe hierzu die folgende Verfahrensbeschreibung Trockenreinigung). Die überwiegend in Beton ausgeführten Gebäudekomponenten wie Gitterrostböden und Decken wurden anschließend neutralisierend gereinigt (siehe hierzu die Verfahrensbeschreibung Nassreinigung).

Reinigungsverfahren

TROCKENREINIGUNG

Lockere Ruß- und Staubbeläge wurden zunächst mit Industriesaugern – geeignet für trockene, gesundheitsgefährliche, nicht brennbare Stäube – aufgenommen (Bilder 5 und 6). Für den Fall hartnäckiger Verrußungen konnten auf die Saugschläuche Drahtbürsten gesteckt werden. Auf sehr empfindlichen Oberflächen empfahl sich die trockene Rußentfernung. Dabei wurden Rußpartikel und Staub mittels eines Chemie-Trockenschwamms aufgenommen.

Durch die fachgerechte Reinigung der Gebäudeoberflächen im Schadenobjekt wurde einer weiteren Verschleppung von Ruß entgegen gewirkt.

STAUBARME ABSTRAHLVERFAHREN

Auch wenn es bei der Sanierung des BHKWs nicht eingesetzt wurde, soll an dieser Stelle der Vollständigkeit halber das Abstrahlverfahren beschrieben werden.

Zur Reinigung von brandverschmutzten, porösen, mineralischen Oberflächen wie beispielsweise Beton oder Mauerwerk empfiehlt sich der Einsatz eines staubarmen Strahlverfahrens. Zu den häufig verwendeten Strahlmitteln gehören Metallkies, Glasperlen und Sand.

Ein besonderes Druckluftstrahlverfahren bildet hier das Trockeneisstrahlen. Das Strahlmittel ist Kohlenstoffdioxid mit einer Temperatur von -78,9 °C. Ein großer Vorteil dieses Verfahren ist die minimale abrasive und nicht korrosive Wirkung. So können selbst sehr empfindliche Oberflächen wie beispielsweise Elektroplatinen ohne Schäden gereinigt werden. Nach der Reinigung verbleibt kein Bestandteil zur Entsorgung, da sich das Kohlenstoffdioxid gasförmig in der Luft verflüchtigt.

NASSREINIGUNG

Die Arbeiten im Nassreinigungsverfahren erfolgen klassischerweise von Hand mit Wasser oder unter Verwendung alkalischer Netzmittel. Wo notwendig wurden zudem abrasive Mittel eingesetzt, wie z. B. spezielle Vliese oder Bürsten.

REINIGUNG DER ELEKTRONIK

Die Arbeiten an den Schaltanlagen wurden mit ausgewählten Reinigungsmitteln (kurzschlusssicher bis 1000 Volt) speziell zur Sanierung von Elektro-Einrichtungen durchgeführt. Die Motorersatzteile, Rohrleitungen und weitere korrodierte Metallteile wurden gereinigt, entrostet, passiviert und vorkonserviert – wie es im Detail im folgenden Abschnitt beschrieben wird.


Bild 5: Teilweise abgesaugte Deckenuntersicht


Bild 6: Ruß-Beaufschlagungen an Wänden und Decken (Ruß ist bipolar und bildet bei Ablagerung auf Oberflächen „Ruß-Fäden“)

Passivierung der Metalle

Metallische Oberflächen werden durch die Ablagerung von Chloriden oder ähnlichen Verbindungen korrosiv angegriffen. Diese korrosionsfördernden Chloride, die sich beim Kondensieren von Chlorwasserstoffen auf den Oberflächen bilden, entstehen beispielsweise bei der Verbrennung PVChaltiger Materialien wie Kabelisolierungen und Bodenbelägen aus Kunststoff.

Bei der Passivierung beispielsweise von Eisenmetallen wird zunächst mit einem Entrostungsmittel der Korrosionsprozess gestoppt bzw. verlangsamt. Im zweiten Schritt wird die oberste, korrodierte Schicht durch phosphorsäurehaltige Mittel angelöst und entfernt. An den Metalloberflächen findet dadurch eine Gefügeveränderung statt. Es bildet sich unter chemischer Umwandlung und Gefügeveränderung der Metalle eine neue Oberfläche vergleichbar einer Art Schutzschicht vor weiterer Korrosion (Bild 7).

Im Schadenobjekt wurden die metallischen Oberflächen wie beschrieben behandelt. Das Ergebnis zeigt Bild 7.


Bild 7: Gereinigter und passivierter Rohranschluss links und noch unbehandelter Rohranschluss rechts

Geruchsneutralisation

Die Beseitigung des Brandgeruchs im Schadenobjekt war ein wesentlicher Bestandteil zur Wiederherstellung des Ursprungszustands. Die Geruchsneutralisierung erfolgte über eine Ozonbehandlung.

Ozon ist eine Form des Sauerstoffs. In der Regel verbinden sich zwei Sauerstoffatome zu einem Sauerstoffmolekül. Das Ozonmolekül aber besteht aus einer instabilen Verbindung von drei Sauerstoffatomen. In dem Moment, in dem das Molekül zerfällt, suchen sich die nun einzelnen Atome neue Partner für eine Reaktion. Alle Einflüsse auf den biochemischen Reaktionsablauf beruhen auf dieser stark oxidierenden Wirkung. Diese Tatsache macht Ozon zu einem ausgezeichneten Oxidationsmittel – und auch Desinfektionsmittel.

Da Ozon lediglich aus drei Sauerstoffatomen besteht, ist es zudem umweltfreundlich einsetzbar. Durch eine Ozonbehandlung werden keine zusätzlichen Chemikalien in den Prozess mit eingebracht. Indem Ozon Moleküle, wie z. B. Ammoniak, Schwefelwasserstoff oder andere organische Verbindungen, zerstört, wird der typische Brandgeruch beseitigt. Zudem werden sämtliche Bakterien und gesundheitsgefährdende Keime abgetötet.

Durch Zufuhr elektrischer Energie wird in einem Generator so genanntes aktives Sauerstoff-Ozon erzeugt. Dieses Verfahren entkeimt und zerstört die Strukturen komplexer Geruchsmoleküle wie zuvor beschrieben.

Re-Installation der neuen Anlage

Aufgrund des intensiven Brandgeschehens, verursacht durch den Defekt an der Motorsteuerung, entstand ein Totalschaden des kompletten Moduls bestehend aus dem eingehausten Motor-Generator mit Schaltund Steuerungstechnik (Kompakt-BHKW).

Im abschließenden Schritt der Sanierung des BHKWs erfolgten daher der Austausch und die Installation der Neuanlage durch den Hersteller. Nach diversen vorbereitenden Maßnahmen wie Ausbau der Stahltüren und Herstellen der Montageöffnungen wurde mittels Autokran das Altgerät entfernt und das vom Hersteller gelieferte Austauschgerät eingebracht. Vor Inbetriebnahme der neuen Anlage wurde die Zu- und Abluftanlage durch eine Fachfirma erneuert.

Fazit

Zur erfolgreichen Sanierung eines größeren Brandschadens ist ein ausgereiftes Sanierungskonzept notwendig. Doch dies allein garantiert nicht den Erfolg. Eine gute Zusammenarbeit aller Beteiligten trägt ebenso zu einem guten Projektergebnis bei.

Literatur

[1] Dorn, U.; Duvigneau, J. J.; Stief, S.: Chemische Brandfolgeschäden – Teil I: Untersuchung und Bewertung, in: Schadenprisma Nr. 2/1997

[2] Wosnitza, F.; Hilgers, H.-G.: Energieeffizienz und Energiemanagement: Ein überblick heutiger Möglichkeiten und Notwendigkeiten. Springer Spektrum, Wiesbaden 2012, S.106 ff.

[3] Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.: VdS 2357:2014-06 – Richtlinien zur Brandschadensanierung, VdS Schadenverhütung GmbH, Köln, S. 10 ff.

Pohle, H.: PVC und Umwelt: Eine Bestandsaufnahme. Springer Verlag, 2013, S. 63 ff.

Rempe, A.: Praxishandbuch für den betrieblichen Brandschutz. WEKA Media GmbH & Co.KG, Kissing 2004, Abschnitt 6.4.

 

Zur Person

Bild: Dipl.-Sozw. (univ.) Sabine Bormann

Studium der Sozialwissenschaften an der Friedrich – Alexander - Universität Erlangen-Nürnberg, seit Sept. 2011 Mitarbeiterin in der Projektleitung techn. Innendienst und Presse-/ Medienarbeit beim Ingenieurbüro Tobias Ritzer GmbH

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